Gut ausgeruht, prima gefrühstückt, warten wir heute auf unser Transferboot. Wir haben nur Transfer mit New York Waterways direkt vom Schiff nach Brookfield Place gebucht. Von dort werden wir uns auf den Weg zum 9/11 Museum machen.
Am heutigen Morgen hat es ganz kurz etwas gespüttert, aber die Wetterapp prophezeit ab 11h Sonne und strahlend blauen Himmel – warten wir es ab.
Tatsächlich ist uns der Wettergott auch heute wieder gut gesonnen und Punkt 11h verziehen sich die Wolken und die Sonne lacht vom stahlblauen Himmel.
Nach dem Sammelpunkt in der Schaubar laufen wir wie die Lemminge zur Fähre, was für uns aber schon das Ende der Gruppendynamik darstellt. Die Überfahrt entpuppt sich als echtes Highlight, da wir noch einmal ganz dicht, und zwar sehr viel näher als mit der Staten Island Ferry, an Miss Liberty vorbeischippern. Der Kapitän verlangsamt unsere Fahrt, so dass einer ausgiebigen Fotosession nichts im Wege steht. Die grüne Dame lächelt und hält ihre golden glänzende Fackel in die Sonne – so ist es uns sehr recht!
An Brookfield Place angelangt steigen wir an Land, es ist noch etwas Zeit bis zu unserem Termin im Museum. Herbert stellte gestern fest, dass ihm Schuhe fehlen – wie konnte das passieren? (passiert sonst nur Frauen !)
Wie gut, dass es ein neues Shoppingcenter gibt. Hier gibt es von Gucci und Prada, über Michael Kors und vielen anderen klangvollen Namen auch einen gemeinen Nike-Store. Der ist Herberts Ziel. Und es gibt - tatatata - neue Schuhe für Herbert!
Nun geht’s auch schon Richtung Museum. Die Zeitreservierungen funktionieren super, wir erstehen noch einen Audioguide auf deutsch, dann geht es auch schon los.
Zunächst werden wir von den Ausmaßen des Museums gefangen genommen. Am Anfang der Tour, im amerikanischen Guide übrigens gesprochen von Robert de Niro, sieht man ein großes Foto der Twin Towers, welches wenige Minuten vor dem Einschlag des ersten Flugzeugs aufgenommen wurde. Die Aufnahme war wegen des wunderbaren Wetters an diesem Septembertag veranlasst worden. Wer hätte gedacht, dass sie derart Bedeutung gewinnen würde?
Bereits anfangs der Tour wird uns durch die Fragmente der ausgestellten und völlig verbogenen Originalstahlträger bewusst, welche massive Gewalt hier geherrscht haben muss. Eindrucksvoll ganz in schwarz gehaltene Wände und allgemeine Dunkelheit vervollständigen die Düsternis, die dieses grauenvolle Ereignis immer noch in sich birgt.
Das Museum steht auf dem Gelände des eingestürzten World Trade Centers. Eine der ersten Audiodateien berichtet über die sogenannte Schlitzwand. Diese in ihrer Struktur zur damaligen Erbauungszeit einzigartige Technik sollte im Falle einer Katastrophe, wie z. B. Erdbeben, das Gebäude unter anderem vor dem Eindringen des Hudsons schützen. Dass diese Mauer, die unglaublich bedeutsame Ausmaße hat, einmal dazu beitragen würde die Katastrophe des Zusammensturzes der Gebäude insofern zu schmälern, indem sie tatsächlich Stand hielt und dadurch sowohl das U-Bahn-Netz sowie ganz Lower Manhattan rettete, hatte sich bei der Erbauung wohl niemand träumen lassen.
Diese Gründungsfundamente sind in Gänze erhalten und umlaufen das gesamte Museum. Hier und da dringt etwas Feuchtigkeit ein, wir haben jedoch nicht darüber nachgedacht, woher sie rührt.
In der Bildergalerie findet ihr Fotos von Stahlfragmenten, Reste der riesigen Antenne, zum Teil zu schmelzen begonnene Feuerwehrautos – das Grauen ist unvorstellbar.
Im emotionalsten Teil der Ausstellung darf nicht fotografiert werden. Hier kommen sehr viele Zeitzeugen zu Worte, Aufzeichnungen von den letzten Handytelefonaten aus den entführten Flugzeugen und den Türmen werden abgespielt, Artefakte sind in der Ausstellung zu sehen, Videos der Staubwolken und der darin flüchtenden Menschen. Eine Aneinanderreihung unvorstellbarer Schrecklichkeiten.
Die vielen Einzelschicksale der Polizei und Feuerwehrleute, deren Familienangehörige kommen zu Wort, Kinder, die nun erwachsen sind, erinnern sich an den letzten Anruf des Vaters und wie dies ihr Leben verändert hat.
Ich könnte unendlich so weitererzählen, aber das sprengt den Rahmen.
Wir schaffen es nicht, die gesamte Audiotour zu Ende zu bringen. Ein verstörender Besuch, der uns die leidenden Menschen drastisch vor Augen führte.
Mit derart düsteren und beklemmenden Gefühlen wollen wir New Yorker Boden nicht verlassen.
Nach ¾ der Tour beenden wir unseren Besuch, wir brauchen dringend Tageslicht!
Das ist auch da, wir sind erleichtert. Draußen im Freien, unter der strahlenden Sonne New Yorks, müssen wir erst einmal Luft holen und durchatmen. Das hilft schon mal.
Auf dem Weg zur Fähre passieren dabei das „Irish Hunger Memorial“, welches wir auch noch in Augenschein nehmen. Draußen gelegen mit einem wunderbaren Blick über die Bucht realisieren wir, dass so ganz langsam die Zeit des Abschieds kommt.
NY Waterways bringt uns zur Mein Schiff 1, der letzte Ausflug nach New York ist damit definitiv beendet.
Wir bereiten uns auf den Abend vor, um der Skyline New Yorks „Auf Wiedersehen“ zu sagen.
Wie sang schon R.E.M.: Leaving New York never easy – sehr wahr!
Man liest sich.
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Heinz Nisges (Samstag, 26 Oktober 2024 13:47)
Danke Ruth !
sehr beeindruckend
beschrieben und mit faszinierenden Bildern einem nahegebracht .
Mir ist klar das man das Gesehene erst einmal verdauen muss .
Lg Heinz und Hildegard